Wenn Sie in den USA leben und arbeiten, haben Sie in den letzten Tagen wahrscheinlich ein Produkt von Jack Henry genutzt, ohne es zu wissen.
Auch wenn der Name vielleicht nicht jedem geläufig ist: Das in Kentucky ansässige Unternehmen ist börsennotiert und seit über 45 Jahren tätig. Es liefert die Technologie für Kernsysteme, Geldautomaten und Mobile-Banking-Apps, die von zahlreichen Finanzinstituten in den Vereinigten Staaten genutzt werden. Jack Henry richtet seinen Fokus auf die menschlichen Bedürfnisse, die im Kern von Finanzdienstleistungen stehen. Das Unternehmen macht sich stark für die rund 7.500 kommunalen und regionalen Banken und Kreditgenossenschaften, die seinen Kundenstamm bilden, und unterstützt positive Veränderungen in den Gemeinden, in denen diese tätig sind.
In dieser Folge des Talent Transformation Podcast unterhält sich Dimitri Boylan, CEO von Avature, mit Rachel Raymond, Director of Talent Acquisition, People Technology and Analytics bei Jack Henry.
Raymond erzählt bescheiden, klug und erfrischend offen, wie sie von einer Recruiterin ohne Karriereplan und mit wenig Interesse an Führungsaufgaben zur Leiterin der Talentabteilung eines der wichtigsten Fintech-Enabler der USA aufgestiegen ist.
Ihre eigene Karriere ist ein Beleg für die transformative Wirkung gezielter interner Mobilität. Raymond gibt praktische Einblicke in die Entwicklung einer integrierten Talentmanagementstrategie, bei der die Kultur ebenso wichtig ist wie die unterstützende Technologie.
Die technologische Seite der eigenen Person entdecken
Im Frühjahr 2020, als sich ein Großteil der Welt zurückzog und „Rätsel löste“, richtete Rachel Raymond im Zuge der ATS-Implementierung bei Jack Henry Workflows ein.
Im Team staunen viele, wenn wir erzählen, wie es vor [der ATS-Implementierung] war, z. B. das lange Warten, bis Lebensläufe geladen waren. Wir haben in den letzten Jahren eine große technologische Transformation in der Talentgewinnung durchgeführt.“
Rachel Raymond, Director of Talent Acquisition
People Technology and Analytics bei Jack Henry
Obwohl sie zugibt, kaum ihr iPhone aktualisieren zu können, hat Raymond dennoch eine gewisse Begabung für die Konfiguration von HR-Technologie bei sich entdeckt. Ihre Führungsebene war so beeindruckt, dass das HR-Technologie-Team wieder ihrem Bereich zugeteilt wurde und sie damit an der Schnittstelle zwischen HR-Strategie und Technologie positioniert ist. Aus dieser Position heraus haben HR-Führungskräfte deutlich mehr Kontrolle über die Tools, die sie zur Umsetzung ihrer Strategie benötigen. Doch wie Raymond und andere Führungskräfte ohne technischen Hintergrund wissen, ist es unangenehm, in einem so entscheidenden Bereich Wissenslücken zu haben.
Raymond gibt mit einem Augenzwinkern zu, dass es „manchmal ganz schön viel“ ist. Indem sie offen darüber spricht, wie sie mit diesem nachvollziehbaren Gefühl umgeht, zeigt sie exemplarisch mehrere wichtige Eigenschaften erfolgreicher Führungskräfte: die Anerkennung ihrer aktuellen Wissensgrenzen, die Freude am Lernen sowie die Fähigkeit, ihren Mitarbeitern zu vertrauen und sie zu stärken.
Ich habe sehr gute Führungskräfte in jedem meiner Funktionsbereiche. Sie halten mich auf Kurs. Ich sage dann: ‚Ich spreche nun darüber. Unterbrechen Sie mich einfach, wenn ich etwas Falsches sage.‘ Sie haben langjährige Erfahrung in der Branche und ein fundiertes Fachwissen. Gute Führungskräfte zu haben, ist daher sehr hilfreich. So kann ich mich mehr auf die übergeordnete Strategie konzentrieren, Hindernisse aus dem Weg räumen und sie ihre Arbeit machen lassen.“
Rachel Raymond, Director of Talent Acquisition
People Technology and Analytics bei Jack Henry
Ebenso offen spricht sie darüber, wie ihr das Management der technologischen Seite die Augen für die Schwierigkeiten geöffnet hat, die sie möglicherweise in der Vergangenheit verursacht hat, als sie technische Änderungen anforderte, ohne den Umfang formell zu berücksichtigen.
Ich denke, die größte Überraschung war … Auf der anderen Seite – auf der Recruiter-Seite […] Mir war nicht bewusst, wie sehr ich die Tech-Leute mit meinen spontanen Wünschen gestresst habe … Ich habe gelernt, wie wichtig es ist, Umfang, Abhängigkeiten und Aufwand von dem, was man tun möchte, zu verstehen … Ich glaube, diese Erkenntnis kam mir erst, als ich die Leitung dieser Teams übernahm.“
Rachel Raymond, Director of Talent Acquisition
People Technology and Analytics bei Jack Henry
Die Bedürfnisse ihres Technologieteams zu verstehen, bedeutete für sie auch, den Umgang mit unterschiedlichen Mitarbeiterprofilen zu lernen, deren Arbeitsweise zu verstehen und ihren Führungsstil entsprechend anzupassen: „Ich denke, Recruiter sind gute Verkäufer, oder? Wir sind laut. Wir reden viel. Als ich zum Tech-Team kam, sagten sie: ‚Moment, Sie wollen, dass ich meine Kamera einschalte?‘“
Mit der zunehmenden Bereitschaft strategischer HR-Führungskräfte, Verantwortung für ihre Technologie zu übernehmen, rücken auch die Bedürfnisse ihrer Umsetzungspartner stärker in den Fokus.
Die Voraussetzungen für gezielte interne Mobilität schaffen
Raymond erzählt, dass sie eher zufällig Recruiterin wurde und damals wenig technisches Know-how und noch weniger Interesse an Führungsaufgaben hatte. Seitdem hat sie sich innerhalb des Unternehmens eine Karriere aufgebaut, indem sie sich immer wieder aus ihrer Komfortzone herausgewagt, sich selbst herausgefordert, neue Skills erworben und – ebenso wichtig – ihre gesammelten Skillsets, Ideen und Erfahrungen eingebracht hat, um die ganzheitliche Talentfunktion bei Jack Henry still und leise zu revolutionieren.
Sie könnte das Paradebeispiel für gezielte interne Mobilität sein. Daher überrascht es kaum, dass Raymond in diesem Bereich viele wertvolle Erkenntnisse bieten kann.
Lange Zeit ging man davon aus, dass Mitarbeiter geduldig auf ihre Chance zur Weiterentwicklung warten würden. Deshalb wurde interne Mobilität in der HR-Welt eher als „nettes Extra“ betrachtet. Als sich Raymond und ihr Team 2021 zusammensetzten, um Jack Henrys Ansatz zur internen Mobilität zu bewerten, galt das nicht mehr. Die Mitarbeiter von heute sind weniger geneigt, untätig abzuwarten, bis sich eine Chance bietet. Sie suchen stattdessen lieber außerhalb des Unternehmens nach Möglichkeiten, ihre Karriere voranzutreiben.
Da Raymond wusste, wie schädlich es für ein Unternehmen sein kann, gute Mitarbeiter auf diese Weise zu verlieren, gehörte es zu ihren ersten Maßnahmen, den Unternehmensansatz zu überdenken und den Weg für die Entfaltung von Talenten bei Jack Henry zu ebnen.
Wir hatten sehr konservative Richtlinien bezüglich der internen Mobilität. [Mitarbeiter] konnten sich nicht auf Positionen bewerben, wenn sie nicht mindestens zwei Jahre in ihrer aktuellen Position waren. Wir haben also gute Talente verloren, weil sie sich festgefahren fühlten. Wir haben Business Cases erstellt, die Anforderung auf sechs Monate verkürzt.“
Rachel Raymond, Director of Talent Acquisition
People Technology and Analytics bei Jack Henry
In etwas mehr als drei Jahren konnte Jack Henry die interne Mobilitätsrate verdoppeln – mit spürbarem Effekt: Die Mitarbeiterbindung ist gestiegen und die Belastung der Recruiting-Teams durch Nachbesetzungen hat sich deutlich verringert.
Wir hatten ursprünglich eine interne Mobilitätsrate von etwa 16 %. Nun liegt sie zwischen 29 und 32 %. Wenn man die Einstiegspositionen ausklammert, werden rund 40 % intern besetzt.“
Rachel Raymond, Director of Talent Acquisition
People Technology and Analytics bei Jack Henry
Interne Mobilität muss mehr können als nur Zufriedenheit schaffen
Mit Blick auf die beeindruckenden Ergebnisse betont Boylan, wie wichtig es ist, Mobilität zu ermöglichen, ohne dabei die Planung und Stabilität zu gefährden, die ein Unternehmen für effektives Arbeiten benötigt. Er macht deutlich, dass eine erfolgreiche Talentmobilitätsstrategie mehr leisten muss, als Mitarbeiter nur zu halten und zufriedenzustellen.
Raymond erkennt die angesprochenen Risiken an und erklärt, dass durch sorgfältige Planung sowie eine Kultur, die Mitarbeiter fördert und begleitet, eine gezielte Herangehensweise entsteht, mit der die Kluft zwischen den Bedürfnissen des Unternehmens und denen der Mitarbeiter überbrückt werden kann.
Wir versuchen, bewusst vorzugehen und damit Geschäftsprobleme zu lösen. Bei Programmen schaut man immer darauf: Was bringt es dem Unternehmen und was dem Mitarbeiter? Und wir versuchen, beides zu verbinden.“
Rachel Raymond, Director of Talent Acquisition
People Technology and Analytics bei Jack Henry
Laut Raymond besteht die Kunst darin, Mitarbeiter anzuleiten, ohne ihnen alles vorzugeben. Die Motivation, nach Entwicklungsmöglichkeiten zu suchen und die eigene Karriere im Einklang mit den persönlichen Zielen voranzubringen, muss von innen kommen. Wenn diese innere Motivation vorhanden ist, kann das Unternehmen den Mitarbeitern auf halbem Weg entgegenkommen – etwa durch passende Weiterbildungen und Praxiserfahrungen, die sie auf ihrem Weg unterstützen.
Wir erwarten weiterhin, dass Mitarbeiter ihre Karriere selbst steuern. Mitarbeiter müssen weiterhin Verantwortung übernehmen und Kurse besuchen, Job-Shadowing nutzen, von der Gruppe lernen und [ihre] Karriere aktiv selbst gestalten. Wir bieten ihnen dabei Orientierung und zeigen erfolgreiche Wege auf.“
Rachel Raymond, Director of Talent Acquisition
People Technology and Analytics bei Jack Henry
Interne Mobilität muss externe Einflüsse einbeziehen
Für Avature-CEO Dimitri Boylan ist es ein entscheidender Erfolgsfaktor, klar zu kommunizieren, dass das Unternehmen interne Mobilität unterstützt. Fehlt dieses Signal, wirkt das gesamte Vorhaben schnell wie eine inhaltsleere Pflichtübung und verliert somit seine potenziell transformative Wirkung.
Manchmal schaffen Unternehmen interne Mobilitätsprogramme, die sich auf die interne Karriereseite beschränken. Viele glauben nicht an interne Mobilität. Sie sagen: ‚Das gibt es nicht. Also werde ich die Seite nicht besuchen.‘ Die Interaktion ist gering [und] man erzielt keine Wirkung. Aber ich sage immer, dass interne Mobilität externe Einflüsse einbeziehen muss.“
Dimitri Boylan
CEO von Avature
Eine Kultur der Offenheit für Mobilität seitens der Führungskräfte und des gesamten Unternehmens – nicht nur der jeweiligen Mitarbeiter – ist oft leichter gesagt als getan und erfordert manchmal behutsame Motivation. Schließlich möchte niemand seine besten Teammitglieder verlieren. Raymond nennt ein Beispiel dafür, wie der Dialog zwischen Führungskräften und Mitarbeitern offen und konstruktiv bleibt: durch die Einbeziehung von Karrierewegen in Leistungsbeurteilungen.
Wir haben das Karrieregespräch ins Leistungsmanagement aufgenommen, damit Mitarbeiter ihre Karriereziele angeben können und der Manager darauf reagieren muss. Selbst zurückhaltende Führungskräfte führen diese Gespräche nun mindestens zweimal jährlich.“
Rachel Raymond, Director of Talent Acquisition
People Technology and Analytics bei Jack Henry
Andere Führungskräfte hingegen unterstützen ihre Mitarbeiter wesentlich proaktiver. Raymond berichtet von einem konkreten Fall, in dem sie einem Teammitglied gerne geholfen hat. Sie war davon überzeugt, dass ihre Mitarbeiterin in der damals vakanten Position aufblühen würde:
Ich hatte eine Mitarbeiterin, die gerade in Elternzeit war, und es wurde eine Stelle frei. Ich rief an und sagte: ‚Ich weiß, Sie haben keinen Zugang zum System, aber wir müssen Ihnen Zugang verschaffen, denn das ist der Job für Sie.‘ Und sie ist darin aufgeblüht. Ich erzähle diese Geschichte gerne und die Leute fragen: ‚Sie haben Ihrer Mitarbeiterin geraten, sich auf eine andere Stelle zu bewerben?‘ Es war die richtige Stelle für sie. Ich will Karrieren nicht kontrollieren. Es ist ihre Karriere.“
Rachel Raymond, Director of Talent Acquisition
People Technology and Analytics bei Jack Henry
Ausblick: Systeme konsolidieren für umsetzbare Analysen
Da die Talentmanagement-Strategie Gestalt annimmt, möchte Boylan wissen, worauf Raymond als Nächstes ihren Fokus legen wird.
Wie die meisten Unternehmen untersucht auch Jack Henry, wie ein besseres Verständnis von KI erzielt werden kann – sowohl als nützliches Werkzeug als auch als Kontext, der navigiert werden muss.
Wir haben KI gewissermaßen demokratisiert, nach dem Motto: ‚Hier sind ein paar Tools. Probieren Sie sie aus.‘ Wir schauen uns gerade bestimmte Rollen im Unternehmen an und entwickeln Profile, um zu sehen, wie man KI für typische Mitarbeiter nutzen kann. Manche denken: ‚KI bringt für meinen Job eh nichts.‘ Aber wir zeigen, wie sie doch helfen kann. Beim Schreiben von Prompts, Präsentieren und Verstehen von Daten.“
Rachel Raymond, Director of Talent Acquisition
People Technology and Analytics bei Jack Henry
Im Einklang mit seiner mitarbeiterorientierten Philosophie hat Jack Henry eine Umfrage unter seinen Mitarbeitern durchgeführt, um herauszufinden, wie sie KI gegenüber eingestellt sind. Die Antworten reichten dabei von Gleichgültigkeit und Angst bis hin zu großer Begeisterung und dem Wunsch, sich weiterzubilden.
Wie 76 Prozent der Teilnehmer der aktuellen Umfrage von Avature macht Jack Henry eine vollständig integrierte Skills-Strategie zur obersten Priorität.
Raymond erklärt, dass es noch früh sei und ihre Analysten häufig mit mehreren Anwendungen arbeiten müssten, um die spezifischen Anforderungen jeder einzelnen zu ermitteln, bevor sie die passenden Technologiepartner hinzuziehen. Boylan merkt an, dass es für Unternehmen ein häufiges Problem ist, Skills in der Talentfunktion einzuführen, während sie mit drei oder vier verschiedenen Systemen arbeiten. Das Fehlen einer übergeordneten Ontologie, die als einzige verlässliche Datenquelle dient, führt häufig zu Reibungen zwischen den Systemen.
Eine Zusammenführung der einzelnen Elemente ist nicht nur für die ganzheitliche Skills-Strategie erforderlich. Raymonds Vision umfasst letztlich die Verknüpfung der verschiedenen Bereiche, aus denen sich die umfassendere Talentfunktion zusammensetzt.
Ich denke, der HR-Bereich ist heute eng verflochten. Wir versuchen, viele Abhängigkeiten miteinander zu verknüpfen. Wie wirkt sich Weiterbildung auf interne Mobilität und später auf die Mitarbeiterbindung aus? Und wie wirkt sich die Compa-Ratio auf diese Dinge aus?“
Rachel Raymond, Director of Talent Acquisition
People Technology and Analytics bei Jack Henry
Um ein vollständigeres Bild dieser komplexen Wechselbeziehungen zu erhalten, räumt Raymond ein, dass zunächst einige praktische Schwierigkeiten überwunden werden müssen. An erster Stelle steht dabei die Datenkonsolidierung. Wie jeder bestätigen kann, der sich auf den Weg der digitalen Transformation begeben hat, ist das oft leichter gesagt als getan.
Vor ein paar Wochen fragte ich: ‚Hat jemand einen Überblick über alle Daten, die wir haben?‘ Alle unsere Datenquellen, also woher wir die Daten beziehen, kollektiv als HR-Team. Ich legte die Liste der Datenquellen vor und die Leute antworteten: ‚Das sind aber viele.‘“
Rachel Raymond, Director of Talent Acquisition
People Technology and Analytics bei Jack Henry
Da Jack Henrys digitale Transformation bereits voll im Gange ist, muss Raymond die unmittelbaren Geschäftsbedürfnisse des Unternehmens mit den langfristigen Vorteilen eines vernetzten Ansatzes in Einklang bringen. Sie ist sich darüber im Klaren, dass dies zunächst bedeutet, mit Altsystemen zurechtzukommen und gegebenenfalls Zwischenlösungen einzuführen, um Lücken zu überbrücken, bis die neue Vision umgesetzt werden kann.
„Das wird eine mehrjährige Reise“, räumt sie ein – mit der Überzeugung einer Person, die ebenso viel Erfüllung im Weg selbst sieht wie im Erreichen des Ziels.